Die Deutsche Malakozoologische Gesellschaft (DMG) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Förderung der Malakozoologie (Weichtierkunde) im deutschsprachigen Raum. Sie steht Fachwissenschaftlern und Amateuren aller Nationalitäten offen. Für die malakologische Freilandarbeit wurde ein Ehrenkodex beschlossen, dem sich die Mitglieder verpflichtet fühlen.

Ehrenkodex für malakologische Feldarbeit

1. Präambel

Das Sammeln von Objekten der belebten und unbelebten Natur ist eine Tätigkeit mit Tradition. Ihre Wertschätzung ist seit jeher in verschiedensten Kulturkreisen belegt. Dabei sind die Motive für das Anlegen von Naturaliensammlungen vielfältig. Mit Begründung der Speziellen Zoologie und Botanik als wissenschaftlichen Disziplinen wurden im Zuge der Erforschung von Flora und Fauna Sammlungen zusammengetragen, denen sowohl als kulturhistorischen Zeugnissen wie auch als Referenzen für die taxonomisch arbeitenden Zweige der Biologie höchster Rang zukommt. Neben professionellen Biologen waren auch zahlreiche sogenannte Amateure auf diesem Gebiet sehr erfolgreich, und ihre Kollektionen bilden heute nicht selten das Rückgrat der Bestände von Museen und öffentlichen Sammlungen.

Diese Kultur des wissenschaftlich begründeten Sammelns hat sich bis heute erhalten. Dabei konnte sich früheren Sammlergenerationen der Gedanke an die Erschöpfbarkeit der natürlichen Bestände noch kaum aufdrängen. Die gegenwärtige Situation verlangt diesbezüglich jedoch eine erhöhte Aufmerksamkeit. Unter dem Druck der menschlichen Zivilisation kam und kommt es vielerorts zu einer dramatischen Verarmung des biologischen Inventars, bedingt in erster Linie durch die Vernichtung von Lebensräumen. Diese Entwicklung geht auch an der Molluskenfauna nicht vorüber, und so ist es zwingend notwendig, im Rahmen der wissenschaftlichen Sammeltätigkeit verantwortungsvoll mit den verbliebenen Beständen umzugehen. Dies bezwecken die nachfolgenden Empfehlungen für die malakologische Geländearbeit. Sie richten sich in erster Linie an die Mitglieder der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft. Dem Schwerpunkt der DMG entsprechend berücksichtigen sie vor allem die Perspektive eines Selbst-Sammlers von Binnenmollusken. Die Problematik des weltweiten Handels mit vorwiegend marinen Arten wird nur am Rande behandelt.

Vor dem eigentlichen Apell an die Sammler ist es notwendig, einige grundlegende Feststellungen zu treffen:

  • Es ist nicht möglich, auf dem Gebiet der Malakologie profunde Artenkenntnis zu erwerben, ohne mit einer Referenzsammlung zu arbeiten (dies gilt für fast alle Gruppen wirbelloser Tiere). Zahlreiche Arten lassen sich erst nach anatomischer Präparation sicher bestimmen. Das Sammeln lebender Tiere ist somit für taxonomische und faunistische Forschung in gewissem Umfang unerläßlich.
  • Belegstücke sind meist der einzige einigermaßen verläßliche Anhalt dafür, daß eine Art im betreffenden Gebiet tatsächlich vorkommt oder -kam. Diese Art von Bestandsaufnahme bildet die Grundlage für Arten- und Biotopschutzmaßnahmen. Insofern ist das kundige Sammeln Voraussetzung für gezielten Naturschutz.
  • Es ist in aller Regel nicht das Besammeln, das zum flächenhaften Artenschwund führt, sondern der Entzug der Lebensgrundlagen durch andere Einflüsse. Dementsprechend können Schutzmaßnahmen, die sich vor allem auf Sammelverbote stützen, nicht greifen. Vielmehr sind es vor allem verantwortungsvolle Sammler, die die Bedrohung einer Art feststellen und Schutzmaßnahmen empfehlen können.

Dennoch soll hinsichtlich der Gefährdung durch Besammeln zu einer prophylaktischen Wachsamkeit aufgerufen werden, zumal sich heute die allgemein zurückgehenden Bestände einer vermehrten Zahl potentieller Sammler gegenüber sehen.

2. Geländearbeit

Verhalte dich angemessen

Es ist selbstverständlich sein, daß Betretungsverbote, Umfriedungen usw. respektiert werden, besonders auch beim Sammeln in anderen Ländern. Hier hinterlegt jeder Sammler seine persönliche und nationale Visitenkarte und kann durch rücksichtsloses Verhalten dem Ruf der Feldmalakologie Schaden zufügen.

Schone den Bestand

Es ist nicht das Ziel der Malakologie, die Zahl der freilebenden Mollusken nachhaltig zu reduzieren. Der Sammler soll nicht wahllos alle Mollusken eines Standortes aufnehmen, sondern schon im Gelände nach Möglichkeit eine sinnvolle Auswahl treffen. Während sehr verborgen lebende Arten kaum übersammelt werden können, so lassen sich exponiert lebende Mollusken an Felsen und Baumstämmen fast quantitativ ablesen. Das vollständige Abkeschern und Durchsieben eines isolierten Kleingewässers kann eine Art in ihrem Vorkommen für eine ganzen Region gefährden. Hier kann auch ein einzelner Sammler bleibenden Schaden anrichten.

Schone den Standort

Der beim Sammeln in Vegetation und Gelände verursachte Schaden ist möglichst gering zu halten. Es ist selbstverständlich, umgedrehte Steine, Stämme u.ä. nach dem Besammeln wieder in ihre alte Lage zu bringen. Das Durcharbeiten oder Abtragen größerer Substratmengen beeinträchtigt nicht nur die Molluskenfauna, sondern das gesamte ökologische Gefüge eines Standortes und muß als inakzeptabel gelten. In besonderem Maße gilt dies für kleinflächig vereinzelte Lebensräume wie Kleingewässer, isolierte Felsen oder Gebüschinseln, sowie für Fossillagerstätten.

Gemeinsame Sammelexkursionen mit Kollegen, etwa im Rahmen einer Tagung, sind oft sehr angenehme und anregende Erlebnisse. Doch soll der jeweilige Organisator abwägen, wieviele Malakologen ein als Exkursionsziel ins Auge gefaßter Biotop oder Geotop verkraften kann, und gegebenenfalls auf die Demonstration einer Rarität im Gelände verzichten.

Beschränke Dich

Jeder Sammler soll prüfen, ob das aufgenommene Material einem wissenschaftlichen Zweck dienen kann und für ihn sammlungstechnisch zu bewältigen ist.

Gesetzliche Bestimmungen

In vielen Ländern existieren Bestimmungen, die das Sammeln bestimmter Tiere oder in bestimmten (Naturschutz-) Gebieten und Habitaten einschränken oder untersagen. Darüber hat sich der Sammler zu informieren. Außerdem ist dafür Sorge zu tragen, keine Faunenverfälschungen zu verursachen.

3. Sammlungsarbeit

Etikettiere

Die eigene Sammlung erhält erst dann einen bleibenden Wert, wenn sie, was die Funddaten angeht, ausreichend dokumentiert ist. Hier ist es eindeutig von Vorteil, die Belege baldmöglichst und direkt mit einem vollständigen und lesbaren Etikett zu versehen. Die alleinige Verwendung von Verweisnummern auf ein Inventarbuch (oder der Verlaß auf das eigene Gedächtnis) birgt ein beträchtliches Risiko des Datenverlustes und sollte nicht praktiziert werden.

Publiziere

Die Malakologie ist nicht schweigsam. Publizierte Faunenlisten können wertvolle Grundlagen für zukünftige Natur- und Artenschutzmaßnahmen liefern. Deshalb sollten interessante faunistische Daten in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht werden, vorzugsweise nicht als reine Listen, sondern in einem umfassenderen Kontext.

Hinterlege

Es muß sichergestellt werden, daß veröffentlichte Daten nachprüfbar bleiben, wenn möglich durch Hinterlegen in einer öffentlichen Sammlung.

Darüber hinaus sollte sich jeder Sammler rechtzeitig darüber Gedanken machen, was mit seiner Sammlung nach Beendigung seiner malakologischen Aktivitäten geschehen soll. Der Verbleib in einer öffentlichen Sammlung ist eine naheliegende Möglichkeit. Hier bietet es sich an, schon frühzeitig eine Zusammenarbeit mit der betreffenden Institution anzustreben. Ein anderer Weg besteht darin, die Sammlung einem engagierten und zuverlässigen Nachwuchsmalakologen zu überlassen. In jedem Fall ist eine rechtzeitige und klare Regelung angezeigt.

4. Anhang: Handel mit Mollusken

Wäge ab Die kommerzielle Nutzung von Molluskenschalen betrifft zur Zeit vornehmlich marine Arten, die in der Hauptsache als Souvenirs oder Dekorationsgegestände in den Handel kommen. Darüber hinaus existiert ein nicht unbedeutender Markt für Sammlerexemplare, sog. Conchylien, auf dem zunehmend auch Binnenmollusken feilgeboten werden. Angesichts des erzielbaren finanziellen Gewinns ist zu befürchten, daß der Conchylienhandel für einzelne Arten zum Bestandsrückgang substantiell beiträgt, weshalb für einige Arten bereits strenge Schutzbestimmungen veranlaßt wurden. Das Akkumulieren möglichst rarer und teurer Molluskengehäuse durch Einkauf wirkt im Kontext einer wissenschaftlich orientierten Malakologie befremdlich. Andererseits bietet der Handel die Möglichkeit, taxonomische Gruppen weltweit zu bearbeiten, zu denen man auf anderem Weg kaum ausreichendes Material requirieren könnte. Tatsächlich rekrutieren sich einige hervorragende Bearbeiter mariner Taxa aus dem Kreis der Conchyliensammler. Vor diesem Hintergrund muß es der Eigenverantwortung des einzelnen Sammlers überlassen bleiben, ob und mit welchem Ziel er von dieser Möglichkeit des Sammelns Gebrauch machen möchte. Auf jeden Fall ist die Beachtung internationaler Artenschutzbestimmungen und Handelsbeschränkungen einzufordern, die in der Regel gut bekannte und in öffentlichen Sammlungen ausreichend vorhandene Arten betreffen.

Dieser Kodex wurde von der 27. Mitgliederversammlung der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft am 30. Mai 1998 einstimmig verabschiedet.